Vereinsgeschichte
Die Geschichte geht weiter – Runder Geburtstag 20 Jahre Sindlinger Heimat- und Geschichtsverein (Dieter Frank)
Die Geschichte geht weiter Runder Geburtstag 20 Jahre Sindlinger Heimat- und Geschichtsverein
Warum hat der Bauverein Höchst gerade in Sindlingen sein großes Bauprojekt nach dem Ersten Weltkrieg durchgeführt?
Wie kam Sindlingen vor mehr als 100 Jahren zu seiner evangelischen Kirche?
Welche bekannten Personen hat Sindlingen in den Straßennamen verewigt?
Welche Rolle spielte Sindlingen, bevor es Teil der Großstadt Frankfurt wurde und als Frankfurter Stadtteil? Wie lebten hier die Menschen vor 50 oder gar 100 Jahren?
Diese und viele weitere Fragen zu beantworten, das hat sich der 1996 gegründete Sindlinger Heimat- und Geschichtsverein zur Aufgabe gemacht, nämlich die Geschichte und die Traditionen des 1917 nach Höchst und 1928 nach Frankfurt eingemeindeten Stadtteils lebendig zu halten.
Monatlich organisiert er eine Veranstaltung, sei es ein Vortrag oder eine Exkursion in die nähere und fernere Umgebung. Die Themenfelder sind sehr vielfältig:
– Sichtung und Auswertung von Quellen (Texte, Bilder) zu wichtigen Ereignissen in Sindlingen;
– Berichte von Zeitzeugen. So hat etwa Walter Winterer aus der „Siedlung“ sowohl seine Kriegserlebnisse als auch seinen Dienst als Polizist der Nachkriegszeit geschildertt;
– Seit 1998 gibt der Verein jährlich einen „Historischen Kalender“ heraus;
– Erinnerung an bedeutende Persönlichkeiten, die in Sindlingen Spuren hinterlassen haben.
So hat der Geschichtsverein einen Grabstein der Familie von Schweitzer restaurieren und umsetzen lassen.
Die Handelsfamilie Allesina-Schweitzer hatte 1760 neun Morgen Park- und Gartengelände und noch circa 140 Morgen Ackerland zwischen der heutigen Allesina- und Weinbergstraße gekauft.
Dieses Anwesen hatte offensichtlich einen solchen Ruf, dass auch Goethe dort zu Gast war.
Als „fürstlich primatischer Direktorialrat“ versammelte Schweitzer herausragende Persönlichkeiten um sich, sodass die Familie aufgrund ihrer Verdienste 1816 als „Allesina von Schweitzer“ geadelt wurde.
Die Gebeine der Schweitzers selbst sind auf dem Frankfurter Hauptfriedhof bestattet, lediglich der Grabstein der Tochter Maria Theresia von Schweitzer aus dem Jahre 1840 hält noch die Erinnerung an diese Familie aufrecht.
Die Enthüllung dieses restaurierten Grabsteins, der heute an der katholischen St. Dionysius-Kirche zu besichtigen ist, nahm damals Professor Dr. Rosemarie von Schweitzer, eine „echte“ Nachkommin dieser Patrizierfamilie, vor.
2004 enthüllte der bekannte Schlagersänger Bill Ramsey am ehemaligen Wohnhaus des Komponisten Heinz Gietz in der Neulandstraße eine Erinnerungstafel.
Ab 1952 arbeitete Gietz bei der Schallplattenfirma Polydor als Arrangeur und Komponist. „Blumen für die Damen“ war der Startschuss für eine ungewöhnlich steile Karriere.
In diesem Zusammenhang entstand unter anderem auch die langjährige Zusammenarbeit mit Caterina Valente, die in den frühen 50er Jahren häufig in der Neulandstraße zu Gast war.
Sein rasanter Aufstieg setzte sich fort, indem er viele überaus erfolgreiche Titel produzierte (zum Beispiel Bill Ramseys Titel „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ (1962).
Da der Verein über kein Heimatmuseum verfügt, beschränkt er sein Tun stark auf das Sammeln von Fotos und Erinnerungsstücken, die für das Leben vor Ort prägend waren.
Das jüngste Projek, die Erarbeitung einer Publikation über „Alte Sindlinger Geschäfte“, hatte die Stiftung Polytechnische Gesellschaft so überzeugt, dass sie dieses Vorhaben mit einer größeren Geldsumme unterstützte.
Ab September kann das 364 Seiten umfassende Werke käuflich erworben werden.
Damit sieht der Verein aber sein Tun noch lange nicht für beendet an; im Gegenteil: So versucht der Verein im Zusammenarbeit mit dem Ortsbeirat, die Erinnerung an die inzwischen gefällte „Friedenseiche“ wachzuhalten, indem versucht wird, eine stabile Erinnerungstafel am alten Standplatz des Baumes anzubringen.
Zur Aufgabe des Vereins gehört auch die Zusammenarbeit mit der Meisterschule.
So wurden sämtliche Drittklässler im letzten Jahr zu historischen Stellen Sindlingens geführt und ihnen dort Zusammenhänge veranschaulicht.
Geschichte erlebt man nicht nur in Berlin oder Wiesbaden oder Frankfurt, sondern auch ganz konkret vor Ort: an einem Brunnen, an verschiedenen Häusern.
Dass das Interesse der Sindlinger an ihrer Vergangenheit noch immer sehr groß ist, erleben die Vereinsmitglieder alljährlich beim Ranzenbrunnenfest mit ihrer Fotoausstellung beim Schuhmacher Moos.
Aber auch die Vorträge im evangelischen Gemeindehaus finden guten Anklang.
All das motoviert zahlreiche Mitglieder, Arbeit und Zeit in die Erforschung der Sindlinger Vergangenheit zu investieren.
So hat der Verein auch 20 Jahre nach seiner Gründung alle Hände voll zu tun und freut sich über interessierte Zuhörer.
Vielleicht sehen wir uns bei einer der nächsten Gelegenheiten!
Sindlinger Ansichten wie den Dalles und den alten Hafen zeigt diese Ansichtskarte aus den frühen 60-er Jahren, die das Deckblatt des historischen Stadtteilkalenders 2014 zierte.
Unvergessen: Archivar Karl-Heinz Tratt (†).